Das Saigerverfahren
Silber kommt sehr selten in gediegener Form vor, ist vor allem an Blei und Kupfer von Natur aus gebunden, wird hüttentechnisch in Blei, Kupfer und in einem Eisenstein (Rohstein), eine Eisen-Schwefelverbindung, angesammelt.
Silberhaltiges Schwarzkupfer(Rohkupfer) als Hüttenprodukt konnte bis vor Einführung des Saigerverfahrens nicht auf Silber und Kupfer verarbeitet werden, da deren Trennung nicht möglich und weswegen das silberhaltige Schwarzkupfer wertlos war und auf die Halde kam (Silber- und Kupferverluste).
Das Saigerverfahren war eine bedeutende metallurgische Erfindung des Mittelalters.
Saigerverfahren wurde um 1430 höchstwahrscheinlich im Raum Nürnberg, dem damaligen Zentrum für Metallhandel, entwickelt und lange Zeit geheimgehalten.
Saigern kommt vom bergmännischen Begriff „saiger“(senkrecht) und ist hüttentechnisch als „senkrecht abtropfen“ zu verstehen.
Saigerverfahren beruht auf der Ausnutzung der unterschiedlichen Schmelzpunkte von Kupfer(höher) und Blei(niedriger) und der besseren Bindung des Silbers an Blei als an Kupfer. Silberhaltiges Schwarzkupfer verschmolz man mit Blei in einem ganz bestimmten Verhältnis(11 Teile Blei zu 3 Teilen Kupfer und 500 Teile Blei zu einem Teil Silber) im Schachtofen (Frischen). Frischstücke (Schmelzprodukt) wurden auf den Schwarten der Saigerherde unter Luftabschluß erhitzt, Blei floß ab und nahm das Silber weitestgehend mit. Auf den Saigerherden blieben die Kupferstücke (Kienstöcke) zurück.
Das silberhaltige Blei (Werkblei) wurde im Treibeherd eingeschmolzen und unter Aufblasen eines Luftstromes trieb man das Blei vom Silber ab. Bei diesem Abtreiben wurde das Blei in Bleioxid(Bleiglätte) verwandelt, welches abfloß. Das Silber (Blicksilber) blieb zurück. Das Blicksilber mußte nun noch zu Feinsilber (Münzsilber) feingebrannt(raffiniert) werden. Die Kienstöcke erhitzte (darrte) man nochmals in Darröfen wobei anhaftende Silber/Bleireste entfernt und wieder dem Prozeß zugeschlagen wurden. Nach dem Darren wurden die Kupferstücke (Darrlinge) von der Oxidschicht gereinigt (gepickt), in Garherden eingeschmolzen und von störenden Bestandteilen mittels aufgeblasenem Luftstrom durch Oxidation gargemacht (gereinigt/raffiniert).
Das Garkupfer (Reinkupfer) war Handelsprodukt, blieb aber immer noch geringfügig silberhaltig.
Vorteile des Saigerverfahrens:
1. Aus bisher wertlosem silberhaltigen Schwarzkupfer konnten Silber und Kupfer gewonnen werden.
2. Das Silber war für die Hüttenbesitzer ohne Preisbindung frei verkäuflich, da für das silberhaltige Schwarzkupfer bereits der Bergzehnt(Steuer) entrichtet war.
Nachteil des Saigerverfahrens:
1. Saigerverfahren war zwar ein kunstvoller aber auch ein umständlicher Prozeß
2. Das Verfahren wurde durch rationellere Verhüttungsmethoden(auflösendes, solvierendes reduzierendes Schmelzen im Schachtofen) zur Nutzung aller Wertbestandteile im Erz ab 1853 in Freiberg verdrängt.
Saigerhütten im Erzgebirge:
1. Saigerhütte Chemnitz 1471 - 1553
2. Saigerhütte Olbernhau-Grünthal 1537 - 1853 (nach anderen Quellen 1851)
Die Landesherren kauften aber recht schnell die Saigerhütten zum eigenen Vorteil auf. So wurde die Saigerhütte Olbernhau-Grünthal 1567 staatlicher Besitz, die Chemnitzer Hütte existierte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr.
Der Autor dieses Beitrages ist Karlheinz Thümmler. Karlheinz ist Mitglied im Bergmännischen Traditionsverein Zwönitz e.V. und beschäftig sich sehr intensiv mit der Geschichte der metallurgischen Erfindungen im Mittelalter und hier speziell im Erzgebirge.
Karl-Heinz habe vielen Dank für deinen interessanten Beitrag, hier ist noch Platz für eine Fortsetzung ;-))
Zwönitz, 28.12.2016
Quellen:
- „Alte Hütten und Hämmer in Sachsen“, Prof.Dr. Carl Schiffner, Freiberg, 1959
- „Saigerhütte Olbernhau-Grünthal“, Dr. Joachim Voigtmann, Chemnitz, 2003
- „Die Muldner Hütten bei Freiberg“, Joachim Scholz, Freiberg, 1992